Jubiläums-Serie
Die Fresken des GARTENPALAIS
Im letzten Teil der diesjährigen Jubiläums-Serie - anlässlich der grundlegenden Sanierung des GARTENPALAIS vor 20 Jahren - stehen die einzigartigen Fresken des Hauses im Fokus. Begleiten Sie uns auf einen Rundgang durch das Palais, lesen Sie mehr über die Arbeiten Andrea Pozzos und Marcantonio Franceschinis - und erfahren Sie, welche spannende Geschichte sich hinter den verloren geglaubten Fresken von Johann Michael Rottmayr verbirgt.
Der Bauherr des GARTENPALAIS, Fürst Johann Adam Andreas I., träumte davon, das gesamte Gebäude mit einem durchgehenden Programm von Bologneser Künstlern ausstatten zu können. Aber schon sein erster Kandidat, der Bolognese Marcantonio Franceschini (1648–1729), mit dem er einen intensiven Briefwechsel führte, enttäuschte den Auftraggeber: Er war nicht dazu zu bewegen, selbst als Freskant nach Wien zu kommen. So sah sich der Fürst schließlich an österreichische Künstler verwiesen. Seine Wahl fiel auf Johann Michael Rottmayr, der zuvor schon in Salzburg und für das Kaiserhaus gearbeitet hatte. Ihm übertrug der Fürst die Ausstattung der Sala Terrena, der beiden im Erdgeschoss gelegenen Appartements mit je drei Räumen und schließlich auch die Ausmalung der beiden Treppenhäuser mit monumentalen Deckenspiegeln, die lange Zeit verloren geglaubt waren.
Für den Höhepunkt im Ausstattungsprogramm, den Herkulessaal, konnte er den großen Meister des römischen Barock, Padre Andrea Pozzo (1642–1709), gewinnen, der dort 1704 mit dem Fresko "Aufnahme des Herkules in den Olymp" ein unglaublich vitales Alterswerk schuf.
DIE KRÄFTIGE FARBIGKEIT DER FRESKEN ROTTMAYRS
Die Deckenbilder im Erdgeschoss zeigen eine souveräne Handhabung der Freskotechnik. Die Tagwerke (Putzgrenzen) umfassen meist eine ganze Figur mit umgebendem Wolkenraum. Rottmayr übertrug seine Entwürfe mit Rasternetz und Kartons auf die Decke. In den feuchten Putz gravierte er skizzenhaft die Umrisse vor. In der malerischen Ausführung ging er mit diesen Entwürfen jedoch sehr frei um. Die Deckenbilder Rottmayrs bilden einen frühen Höhepunkt illusionistischer Freskenmalerei in Österreich. Über der Architekturmalerei – der Quadratur, die vielleicht von Rottmayr selbst stammt – öffnet sich der Blick in den Himmel der Götter.
Für die Frühzeit des Künstlers ist die kräftige Farbigkeit der Fresken charakteristisch. Für das Jahr 1707 ist die Beschaffung von teurem Ultramarinblau durch den Maler bezeugt. Rottmayr hat zudem 19 Buch Blattgold verarbeitet. Die plastische Modellierung seiner Figuren erzielt Rottmayr nicht durch Abstufungen in der Helligkeit einer Farbe, sondern durch starkes Changieren, etwa von Rosa über Violett bis zu kräftigem Blau. Der gute Erhaltungszustand der Fresken gibt die Brillanz der Farben authentisch wieder.
Die Fresken von Johann Michael Rottmayr in der Sala Terrena im Erdgeschoss des Palais.
© Sebastian Burziwal
DIE ILLUSIONISTISCHE ARCHITEKTURMALEREI DER FRESKEN POZZOS
Andrea Pozzo trat zum Fürsten Johann Adam Andreas I. schon während der Arbeiten in der römischen Kirche Sant'Ignazio in Kontakt. Die Vermittlung übernahm Fürst Anton Florian, der kaiserlicher Botschafter am päpstlichen Hof in Rom war. Vermutlich vermittelte Johann Adam Andreas I. den Maler auch an den Wiener Kaiserhof. Pozzos Fresko im Herkulessaal des Palais zeigt die Taten des Herkules und seine Aufnahme in den Olymp. Die Geschichte Herkules wird in der Architekturmalerei im Randbereich des Freskos erzählt, in der Mitte öffnet sich der Blick in den Götterhimmel.
Die im Götterhimmel dargestellten Figuren sind weitestgehend bildparallel abgebildet, um den Betrachterstandpunkt miteinzubeziehen. Im Gegensatz dazu sind die Protagonisten der den Götterhimmel umgegebenden Szenen sehr bewegt und oft stark verkürzt wiedergegeben, da ihnen die Architekturmalerei einen eigenen Handlungsraum bietet.
Die Quadraturmalerei ist eher einfach gehalten. Sie setzt das „Höhenwachstum“ des Raumes fort - über die tatsächlich ansteigende Hohlkehle in den bereits flachen Deckenspiegel hinein.
Ein Meisterwerk: das Fresko von Andrea Pozzo im Herkulessaal
© Sebastian Burziwal
GEMÄLDEAUSSTATTUNG
Gleichwohl der Fürst daran scheiterte, Marcantonio Franceschini als Freskanten nach Wien zu bringen, konnte er ihn schlussendlich doch für die Lieferung fast der gesamten Ausstattung an Ölbildern im Palais gewinnen. Beabsichtigte Johann Adam Andreas I. ursprünglich, die Wände im Inneren des Palais flächendeckend mit einem geschlossenen Programm von Ölgemälden gleichsam zu tapezieren, so musste er bald einsehen, dass dieser Plan sowohl zeitlich als auch finanziell unrealistisch war, und zu anderen Methoden und Techniken der Raumdekoration greifen. Zug um Zug bestellte er bei Franceschini Ölbilder, die in die Deckenspiegel eingesetzt wurden.
Franceschini ist in Bologna mit dem auf Annibale Carracci zurückgehenden Klassizismus aufgewachsen, der hier durch das 17. Jahrhundert als stilistische Strömung neben dem Barock eine kontinuierliche Fortsetzung fand. Er setzte die Tendenzen des Klassizismus besonders rigoros um und strebte in der Präsentation der Erzählung nach absoluter Klarheit. In der Auseinandersetzung mit dem klassischen antiken Kanon der menschlichen Figur wurde nicht nur die Schönheit der Form idealisiert, sondern auch die Schönheit der Linie als Stilmittel in den Mittelpunkt gerichtet. Für die Klarheit der Form war auch eine gleichmäßige Ausleuchtung wichtig. Die Farbe war der Form untergeordnet: Sie sollte diese klar definieren und kein eigenständiger Ausdrucksträger sein.
Im ersten Stock des Palais sind unter anderem Fresken von Marcantonio Franceschini zu finden.
© Jonas Thiller
DIE VERLOREN GEGLAUBTEN ROTTMAYR- FRESKEN: ENTDECKUNG & RESTAURIERUNG
Seit April 2006 sind nunmehr die vollständig fertig restaurierten Treppenhäuser des GARTENPALAIS Liechtenstein in der Rossau wieder öffentlich zugänglich. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten des Palais waren bedeutende Fresken Johann Michael Rottmayrs in beiden Treppenhäusern wieder entdeckt worden. Nach langer und eingehender Diskussion entschloss sich Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, diesen für die Kunstgeschichte so bedeutenden Fund restaurieren und die Fehlstellen rekonstruieren zu lassen.
DIE ENTSTEHUNG
In einem am 30. Oktober 1705 unterzeichneten Kontrakt beauftragte Fürst Johann Adam–Andreas I. den Künstler Johann Michael Rottmayr "auch zwey Sofitti über die zwey grosse Stiegen zu malen". Im 19. Jahrhundert sind in beiden Treppenhäusern, wohl durch Wassereinbrüche verursacht, Teile der Fresken abgestürzt beziehungsweise beschädigt worden. Man wählte – wie so oft in der Nutzungsgeschichte fürstlicher Bauten – den billigsten Weg: In beiden Treppenhäusern wurden jene großformatigen Gemälde Antonio Belluccis appliziert, die im Zuge der Umgestaltung des fürstlichen Palais in der Bankgasse nach dem Umzug der Galerie in das Gebäude in der Rossau frei geworden waren. Man montierte jeweils ein großes Mittelstück – das Bild im östlichen Stiegenhaus wies ein Ausmaß von 12 x 8 Metern auf – und darum herum in den Ecken vier ovale Trabantenbilder. Sie wurden mit einfachen Stuckrahmen gefasst, die Restflächen überzog man mit Stuckputz. Durch die Überdeckung verblasste das Wissen um die originale Freskenausstattung. Nur eine Beschreibung des Palais aus dem Jahr 1815 lieferte Anhaltspunkte hinsichtlich der Ikonografie der Darstellungen und bot Anlass zu Vermutungen nach noch vorhandenen Freskenresten unter den Ölbildern.
DER ENTSCHLUSS ZUR FREILEGUNG
Um das Ausmaß der Fehlstellen und die Beeinträchtigung durch die Hacklöcher realistisch abschätzen zu können, wurden eingehende Befundungen durchgeführt; auch diese Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass man den Entschluss zur Freilegung wagen könnte. Den entscheidenden Diskussionspunkt bildete die Frage, wie man mit den Fehlstellen umgehen sollte. Das Spektrum reichte hier von einem neutralen Schließen der zerstörten Flächen mit dem Unterputz über ein neutrales Schließen durch Farbflächen, eine Lesbarmachung der Inhalte durch eine Ergänzung in Grisailletechnik bis hin zu einer vollständigen Rekonstruktion. Fürst Hans-Adam II. entschloss sich nach eingehender Beratung und Diskussion für eine Totalrekonstruktion, die als einzige den dekorativen Wert des Freskos für das Gesamterleben der ursprünglichen barocken Ausstattung wiedergewinnen konnte.
Voraussetzung für den Entschluss zur Aufdeckung des Freskos war eine Aquarellskizze Rottmayrs aus einer norditalienischen Privatsammlung. Lange wurde diese Skizze mit dem Auftrag des Salzburger Barockmalers für Schönbrunn in Zusammenhang gebracht.
Erst Hellmut Lorenz erkannte 1989 die Beziehung zum Fresko im östlichen Treppenhaus, ohne damals jedoch den Beweis dafür antreten zu können. Die Freilegung bestätigte 2002 schließlich seine Mutmaßung. Die Skizze, die alle mittleren Figurengruppen sowie auch die verloren gegangenen Partien zeigt, stimmt glücklicherweise exakt mit den ausgeführten Teilen des Freskos überein.
DIE RESTAURIERUNG (2002–2006)
Die Arbeiten begannen im Spätsommer 2002 im östlichen Treppenhaus. Zuerst wurden die gesamten Überputzungen abgenommen, dann das schützende Gitter aus Draht entfernt. Danach konnte man das gesamte Fresko einer sorgfältigen Reinigung unterziehen. Waren es im Mittelteil vor allem eine Unmenge an Spinnweben und etwas Staub, die an der Oberfläche hingen, musste auf den überputzten Flächen ein dünner Film aus Kalkmilch entfernt werden, der diese Flächen anfänglich etwas trüb erscheinen ließ.
Schon nach dieser Reinigung hatten sich die freien Flächen im Mittelteil und die ehemals überputzten Flächen sehr angeglichen. Erfreulich war insbesondere der Zustand der Fresken in ihren erhaltenen Teilen: Geschützt vor Licht und fast ohne zu verstauben, hatten sie die letzten zwei Jahrhunderte in all ihrer Farbkraft überlebt.
Danach gingen die Restauratoren daran, zuerst die Hacklöcher und anschließend die kleineren Fehlstellen mit Kalkmörtel zu schließen. Hier lag das Geschick darin, die Kittungen in ihrer Oberflächenstruktur möglichst an den Originalbestand anzugleichen. In den großen Fehlstellen wurde die alte Verrohrung – der Putzträger – zuerst abgenommen und dann wurden auf die Deckenbalken zwei einander kreuzende Lagen von Schilfrohr aufgebracht, die als neuer Träger des Unterputzes fungieren. Mehr als eineinhalb Jahre nahmen die Retuschen in Anspruch. Der Zustand der Fresken beruhigte sich zusehends, bis der verantwortliche Restaurator Herbert Schwaha daranging, den letzten Schritt zu setzen: die Ergänzungen vorzunehmen. Alle fehlenden Teile wurden 1:1 auf Folien vorgezeichnet, deren Umriss dann in den Freskoputz eingraviert.
So wie am historischen Vorbild auch kann man diese Gravuren im Putz noch nach dem Ausmalen deutlich ablesen. Der Restaurator bediente sich aber auch der Technik, die Komposition in Kohle grob auf den Unterputz vorzuskizzieren. Auch in der Abfolge der Arbeitsschritte lehnte man sich wieder an die historischen Arbeitsteilungen und -techniken an. Zuerst wurde die Quadraturmalerei ergänzt, die Scheinarchitektur, die den Blick nach oben in den Himmel freigibt. Erst danach ging Herbert Schwaha daran, auch die Figurengruppen zu ergänzen. Schaffte er ein programmiertes Tagwerk nicht, wurde die weiß gebliebene Fläche wieder ausgeschnitten und abgekratzt. Sollte ein Kompartiment gar einmal misslungen sein, wurde es ebenso abgekratzt und die Arbeit dann am nächsten Tag noch einmal durchgeführt.
Diese klassische Freskotechnik wandte man auch ursprünglich an. Sie bewirkt durch eine Silikatschicht, die sich an der Oberfläche ausbildet, eine optimale Bindung der Farbpigmente und eine Leuchtkraft der Farben, die in keiner anderen Technik erreichbar ist.
DAS FRESKO IM ÖSTLICHEN TREPPENHAUS: DIE AUFNAHME DES MILITÄRISCHEN GENIES IN DEN OLYMP
Das Deckenfresko im östlichen Treppenhaus des GARTENPALAIS Liechtenstein stellt auf einer Fläche von etwa 220 Quadratmeter beinahe den kompletten klassischen Götterhimmel dar. Die Komposition umfasst drei Hauptgruppen, die, mit Rücksicht auf die wechselnden Blickpunkte des Treppenhauses, gegeneinander um 90 Grad gedreht angeordnet sind. Bezugnehmend auf die zentrale Darstellung, in der ein Knabe – zu deuten als Verkörperung des militärischen Genies des Erbauers des GARTENPALAIS, Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein – von der Göttin Minerva in den Götterhimmel getragen wird, trägt das Fresko den Titel „Aufnahme des militärischen Genies in den Olymp“. Diese so genannte Apotheose wird durch einen Genius symbolisiert, der dem Knaben Lorbeerkranz und Palmzweig reicht, darunter spielen zwei Putti mit der Keule des Herkules.
Johann Michael Rottmayrs Fresko auf der östlichen Treppe des GARTENPALAIS.
© Sebastian Burziwal
DAS FRESKO IM WESTLICHEN TREPPENHAUS: DER STURZ DER GIGANTEN
Im westlichen Treppenhaus ist der "Kampf der Giganten gegen die Götter" dargestellt. Im Mittelpunkt steht Zeus, von einem Adler getragen, der sein Blitzbündel gegen die Giganten richtet. Wie hinter einer Wolkenbank als Schild stehen Mars, Venus, Merkur und Diana – das Geschehen verfolgend. Minerva wirft sich sehr viel aktiver in den Kampf, sie schützen nicht die Wolken, sondern ein prächtiges Medusenbild. Im Gegensatz zu den schönen Körpern und Gesichtern der Götter stehen die kraftstrotzenden Leiber der Giganten, die ineinander verschlungen ihren Kampf gegen die Götter führen. Mächtige Steine stemmen sie, um sie gegen die Götter zu schleudern. Großartig ist die Komposition: Ist sie im östlichen Treppenhaus auf die Mitte konzipiert, bewegen sich hier die Figuren aus den Rändern in die fast noch leere Mitte hinein.
Das Fresko auf der Westtreppe von Johann Michael Rottmayr.
© Sebastian Burziwal
Dieser Beitrag ist Teil der diesjährigen "Jubiläums-Serie", die sich der Renovierung des GARTENPALAIS Liechtenstein widmet. Die Renovierung fand zwischen 2000 und 2004 statt; ihr Abschluss jährt sich damit heuer zum zwanzigsten Mal. Sie können die Serie hier im News-Bereich oder über unseren Newsletter verfolgen.
Besichtigen Sie die Fresken im Rahmen einer öffentlichen Führung
Führung durch das GARTENPALAIS Liechenstein
Die private Kunstsammlung des Fürsten von und zu Liechtenstein umfasst
im GARTENPALAIS Meisterwerke von der Frührenaissance bis zum Hochbarock.
Buchen Sie ein Ticket für eine öffentliche Führung durch das Palais an ausgewählten Freitagen.
60 Minuten | Anmeldung erforderlich | Einzelticketpreis EUR 24,-
ausschließlich auf Deutsch